"Es braucht ein positiv, dominant-aggressives Auftreten"

Patryk Plucinski hat schon eine lange Laufbahn beim DSC, aber auch höherklassig, hinter sich. Mit nun 31-Jahren ist er der älteste Spieler im Westfalenligakader. Das Interview zum Heimspiel gegen Roland Beckum.

DSC-INSIDE: „Patryk, wann ist man ein Führungsspieler?“

Patryk Plucinski: „Wenn man innerhalb der Mannschaft vorneweg geht und auch mal Zeichen setzt, wenn es nicht so gut läuft. Ein positiv aggressives und dominantes Auftreten ist wichtig. Man muss die jungen Spieler führen und ihnen viel helfen. Natürlich sind Erfahrung und einige Spiele auf dem Buckel hilfreich. Aber die ersten Punkte sind entscheidend.“

DSC-INSIDE: „Also ist das Alter nicht entscheidend?“

Plucinski: „Nein, nicht nur das Alter ist entscheidend. Der Charakter spielt da natürlich auch eine Rolle. Nicht jeder Fußballer ist für solch eine Rolle gemacht. Man muss offen kommunizieren und in der Lage sein, Dinge offen anzusprechen. Da ist nicht jeder der Typ für. Das ist im Fußball nicht anders, als im alltäglichen Berufsleben. Es gibt die lauten Typen, es gibt die leisen Typen. Wenn beide ihre Leistungen bringen, dann passt es im Team.“

DSC-INSIDE: „Du hast früh hochklassig gespielt und dich durchbeißen müssen. Wann hast du gemerkt, dass du jetzt mehr bringen musst in dem Bereich?“

Plucinski: „Ich war immer schon ein Spieler, der seine Meinung gesagt hat. Aber, wenn man jung ist, muss man erst seine Erfahrungen sammeln. Am Anfang muss man sich in den Seniorenbereich hereinarbeiten. Meine Anfangszeit in Delbrück war sehr wichtig. Da konnte ich viel lernen. Spätestens in Gütersloh und anschließend auch in Verl wollte ich persönlich dann aber auch mehr Verantwortung übernehmen und vorne weg marschieren. Das habe ich gerne gemacht.“

DSC-INSIDE: „Wann braucht die Mannschaft Zeichen?“

Plucinski: „Der Platz und die Kabine bzw. das Drumherum sind hier zwei unterschiedliche Dinge. In der Kabine flachst man zwar viel aber auch dort müsse Respekt und Ordnung herrschen. Wenn der Kabinendienst die Kabine nicht richtig putzt oder die Bälle vorm Training nicht vom Materialdienst aufgepumpt wurden dann geht das nicht. Ein zu lockeres Verhalten zieht sich wie ein roter Faden durch und zeigt sich am Wochenende auch auf dem Platz. Man braucht Ordnung, Struktur und einen respektvollen Umgang miteinander.

 

DSC-INSIDE: „Aber die richtigen Zeichen auf dem Platz brauchen schon eine gewisse Erfahrung, oder nicht?“

Plucinski: „Ja, absolut. Das ist dann die andere Seite. Auf dem Platz die richtige Entscheidung zu treffen, braucht stückweit auch Erfahrung. Wann ist das taktische Foul nötig? Wann muss die Mannschaft wachgerüttelt werden? Wer braucht mal eine etwas aggressivere Ansprache, wer nicht? Das Gefühl dafür muss sich erst entwickeln. Jede Mannschaft braucht diese drei bis vier Typen, die das umsetzen können, damit der Erfolg kommt.“

DSC-INSIDE: „Siehst du es auch so, dass dem Fußball diese Typen fehlen?“

Plucinski: „Der Fußball hat sich über die Jahre verändert. Die Frage ist ja auch immer, wann ist man ein Typ? Früher war die Definition sicher klarer. Ich habe noch einen Ulf Raschke erlebt, der rigoros dazwischen gegangen ist. Deswegen muss es aber nicht schlechter sein, wie es heute ist. Junge Spieler brauchen ältere Kräfte, an denen sie sich aufrichten können. Ob die dann immer laut sein müssen, ist eine andere Frage. Verantwortung zu übernehmen, das ist entscheidend“

DSC-INSIDE: „Euer Kader hat viele junge Spieler. Was hast du in den ersten Einheiten gedacht?“

Plucinski: „Man weiß nie, wie sich die Spieler entwickeln. Andererseits konnten die Spieler, die jetzt dabei sind, schon in der letzten Saison bei uns mittrainieren. Da hat man gesehen, dass Spieler wie Mattis Klomfass, Lennard Rolf oder Christian Volmari aus der U19 ihre Chance kriegen werden. Die Jungs haben Potenzial, bekommen aktuell ihre Spiele und machen das schon sehr gut. Als ich nach Delbrück kam, hatten wir mit Maxi Meyer und Patrick Kurzen eine ähnlich gute Generation.“

DSC-INSIDE: „Du warst zwischendurch lange verletzt. Hat sich dein Blick auf den Fußball dadurch verändert?“

Plucinski: „Ja. Fußball war für mich immer an höchster Stelle. Es hat sich aber schon dadurch verändert, dass ich vor einiger Zeit Vater geworden bin. Es sind auch andere Sachen wichtig und Fußball ist nicht alles. Der Ball bleibt für mich immer wichtig, aber es gibt auch noch viele andere Dinge im Leben.“

DSC-INSIDE: „Bist du denn komplett schmerzfrei?“

Plucinski: „Leider nicht ganz. Nach dem Spiel gegen Neuenkirchen tauchten wieder Probleme auf. Dadurch, dass ich durch die Verletzung keine Vorbereitung machen konnte steckt der Körper nach einigen Wochen in einem kleinen Loch, in dem man nach fünf Wochen Vorbereitung ist. Durch die Rückenprobleme muss ich regelmäßig viele Stabilisierungsübungen machen. Das macht sich aktuell etwas bemerkbar. Aber ich bin in guter Behandlung. Dazu bin ich halt auch 31 und muss zugeben, dass ich es merke (lacht). Die Vorbereitung fällt mir nicht mehr so leicht, wie noch in jungen Jahren. Ein kleiner und leichter Spieler bin ich jetzt auch nicht. Ich bin schon etwas schwerer vom Körperbau her und war bis auf eine Geschichte am Knie fast 12 Jahre lang nicht verletzt. Jetzt muss ich halt etwas cleverer trainieren. Der Körper meldet sich sonst schneller (lacht). Aber ich möchte gerne so lange es geht, auf hohem Niveau spielen. Aber Gedanken mache ich mir, natürlich.“

DSC-INSIDE: „Dein Vertrag läuft bis Sommer.“

Plucinski: „Ja. Ich muss schauen, was ich im Sommer mache und gucken, wie mein Körper reagiert. Bislang schaut es eigentlich ganz gut aus. Sofern ich fit bin, möchte ich gerne weiter spielen. Das ich aber nicht mehr zehn Jahre vor mir habe, ist mir klar.“

DSC-INSIDE: „Der Blick auf den Fußball hat sich verändert. Ist jetzt einfach auch weniger Druck da, weil es eben viele andere Dinge außerhalb des Platzes gibt?“

Plucinski: „Natürlich sehe ich viele Dinge leichter, wenn ich weiß, dass es meiner Familie gut geht. Alle sind gesund, allen geht es gut. Das ist das Wichtigste. Fußball ist ein Hobby. Aber grundsätzlich hatte ich mit dem Thema Druck nie wirklich Probleme.“

DSC-INSIDE: „Du wechselst zwischen der Innenverteidigerrolle und der zentralen Mittelfeldrolle. Welche liegt dir eher?“

Plucinski: „Es war bei mir nie so, dass ich eine Position durchgängig über Jahre gespielt habe. Ich sehe mich in einer zentralen Rolle. Aber das kann auch hinten der Fall sein. Die Mittelachse passt zu mir. Sechser oder auch als Zehner gehen bei mir ebenso. Eine Lieblingsposition in dem Sinne gibt es nicht. Die Trainer müssen schauen, dass sie die Mannschaft stärkstmöglich aufstellen. Ich spiele dort, wo ich hingestellt werde. Ich würde auch in den Sturm gehen, wenn man mich lässt und ich ein paar Tore schießen darf (lacht).“

DSC-INSIDE: „Weiß das Trainerduo darüber Bescheid?“

Plucinski: „Ja, sie wissen das. Ich gehe ihnen damit jetzt aber auch nicht auf die Nerven. Die Beiden entscheiden das schon.“

DSC-INSIDE: „Wie siehst du die aktuelle Saison?“

Plucinski: „Wir sind auf einem guten Weg mit dem jungen Kader und sind derzeit vier Spiele ungeschlagen. Wir arbeiten hart und versuchen das bestmögliche rauszuholen.  Aber man sollte nicht erwarten, dass wir jetzt so um die Meisterschaft spielen, wie noch vor drei Jahren.“

DSC-INSIDE: „Trauerst du den beiden verpassten Chancen um den Aufstieg hinterher?“

Plucinski: „Manchmal. Es wäre schön gewesen, aber hat dann nicht gereicht. Jetzt geht es weiter. Fußball ist ein Tagesgeschäft. Die Mannschaften ändern sich vor jeder Saison wieder. Es gibt viele Veränderungen, Ab- und Zugänge. Neue Trainer. Man fängt immer wieder bei Null an. Damals unter Rino Capretti hatten wir den Kernkader über zwei Jahre zusammen und waren eingespielt. Dazu hatten wir kaum Verletzte. Das merkt man dann schon. Ich traue auch diesem Kader perspektivisch viel zu, wenn er in den nächsten Jahren zusammenbleiben würde.“

DSC-INSIDE: „Das Umfeld in Delbrück träumt natürlich gerne mal von höheren Sphären.“

Plucinski: „Das ist auch komplett in Ordnung und hat ja seine Geschichte in den Erfolgen der Vergangenheit. Wir wollen alle so hoch wie möglich spielen. Aber da spielt halt viel rein. Der aktuelle Kader braucht noch etwas Zeit und die Erwartungen sollten nicht zu hoch geschraubt werden. Insgesamt ist der Verein auf einem guten Weg. Vor kurzem wurde das Flutlicht am Stadion installiert, das ist ein Schritt nach vorne. Jetzt können wir, wenn möglich, auch Abends spielen. Eventuell kommt der eine oder andere Zuschauer mal rum, um sich unsere Spiele anzuschauen. Das ist gut.“

DSC-INSIDE: „Wie kommst du mit dem Trainerduo klar?“

Plucinski: „Sehr gut. Man merkt, dass beide viel Erfahrung haben. Detlev hat viele Bundesligaspiele auf dem Buckel. Carsten große Erfahrungen als Trainer. Was die beiden machen, hat schon Hand und Fuß. Sie ziehen den Kader mit. Ansprachen und Training passen. Wir sind zudem sehr gut vorbereitet, wenn wir in die Spiele gehen. Sie geben uns viele Informationen mit an die Hand. Auch wenn wir uns überwiegend auf uns konzentrieren sollten, ist es auch auf dem Niveau wichtig, Details vorab zu erhalten, beispielsweise welchen starken Fuß der Gegenspieler hat, was sie bei Standards machen und so weiter. Das machen beide gut.“

DSC-INSIDE: „Welche Erwartungen hast du noch an die Saison?“

Plucinski: „Ich hoffe, dass wir eine gute Saison spielen, mit Spaß am Fußball, als Team zusammenwachsen und hoffentlich alle verletzungsfrei bleiben, um dann den nächsten Schritt zumachen. Ich will, dass man von außen sieht, dass wir eine Einheit sind und in jedem Spiel füreinander kämpfen. Wir müssen jedes Wochenende 100 Prozent bringen, um die Punkte zu holen.“

DSC-INSIDE: „Sieht man dich irgendwann als Trainer an der Seitenlinie?“

Plucinski: „Ich kann es mir gut vorstellen, ja. Aber konkrete Pläne habe ich noch keine. Mal schauen, was die Zeit so bringt. Vielleicht auch im Jugendbereich. Meinen Sohn zu trainieren, hätte schon seinen Reiz.“

DSC-INSIDE: „Aber gerade in dem Alter hat Fußball noch nicht viel Struktur.“

Plucinski: „Oh, das weiß ich (lacht). Das ist aber auch nicht das Thema. Ich denke, dass man bis zum neunten oder zehnten Lebensjahr einfach nur Spaß haben sollte. Danach können dann taktische Elemente hinzukommen. Die Kinder sollen erstmal Spaß an der Bewegung haben. Wenn er dann keinen Bock darauf hat, ist es auch in Ordnung. Dann macht er halt eine andere Sportart. Im Verein lernt man so viele Sachen. Sozialkompetenz, Gemeinschaft, Teamfähigkeit. Daher werde ich das so gut es geht fördern.“