Mit solch einer Stimme wird man Stadionsprecher

Mit solch einer Stimme wird man Stadionsprecher

 

Einem Roger Schmidt oder einem Mike Büskens in das Wort zu fallen, ist nicht Jedermanns Sache. Heinrich Gerken hat damit keine Probleme. Der 66-Jährige ist vielen Besuchern des Laumeskamps besonders durch seine Stimme bekannt und durch seine Position. Unser Stadionsprecher sitzt auf der Haupttribüne oben links.


„Von dort aus, habe ich alles im Blick“, sagt Gerken, der 2014 mit der goldenen Verdienstnadel für seine 50-jährige Mitgliedschaft im DSC ausgezeichnet worden ist. „Ich habe schon eine lange Reise mit dem Delbrücker SC hinter mir“, schaut Gerken zurück. In der Jugend war er in den C-, B- und A-Juniorenteams aktiv und holte dort den einen oder anderen Kreismeistertitel. 1967, mit 17 Jahren, begann er dann allerdings seine Ausbildung bei der Polizei. „Ich musste dafür während der Woche nach Lünen in die Nähe von Dortmund fahren“, erzählt Gerken. Der Wohnsitz blieb zwar in Delbrück, aber an regelmäßiges Training war nicht mehr zu denken. So lief die aktive Fußballerkarriere dann irgendwann in der zweiten Mannschaft aus. Da Gerken aber ohne das runde Leder nicht konnte, entschloss er sich 1973 dem Fußball als Schiedsrichter treu zu bleiben. 27 Jahre lang pfiff er bis zur Landesliga und stand in der Oberliga als Schiedsrichterassistent am Rand. Alles natürlich für den DSC und für die Polizei NRW, für die er viele Partien bei den internen Landesmeisterschaften leitete. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) dankte es ihm mit der silbernen Verdienstnadel. „Kurz vor 2000 war dann mit fast 50 Jahren und nach einem Kreuzbandriss Schluss. Natürlich kam die Frage auf, was machst du jetzt im Fußball?“, erzählt Gerken. Da passte es gut, dass der DSC unter Trainer Roger Schmidt einen sportlichen Aufschwung erlebte.

Gerken musste nicht lange überlegen

In der Saison 2004/2005 gelang der Aufstieg in die Oberliga. „Bereits in der Westfalenliga hatten mich Wilfried und Werner Fecke angesprochen, ob ich nicht den Stadionsprecher machen möchte. Ich habe kurz überlegt, das Ergebnis sieht man jetzt“, lacht Gerken, der von Beginn an Spaß an dem Job fand und ihn bis heute auch nicht verloren hat. „Das Lampenfieber ist nicht mehr so groß. Es sei denn, es kommen wie zuletzt Bayer Leverkusen oder der SC Paderborn 07 zu uns.“ Ins Schwimmen kam er nur, als damals in der ersten Runde des DFB-Pokals der SC Freiburg auf dem Laumeskamp vorbeischaute. „Das war die Phase als dort viele Georgier mit einem vili im Nachnamen aufliefen. Das war schon Wortakrobatik“, schmunzelt Gerken. Wichtig sei ihm aber stets, dass „ich auch bei emotionalen Spielständen unparteiisch bleibe. Ich sage dann die Tore des Gegners genauso neutral durch. Das ist eine Sache des Respekts“, so Gerken. Dieser war ihm auch bei einer Sache wichtig, die er heute ein wenig vermisst. „In der Oberliga gab es nach den Spielen immer Pressekonferenzen. Diese zu moderieren und die direkten Emotionen nach einem Spiel mitzunehmen, war immer ein Highlight“, erinnert sich der Mann mit der tiefen Stimme zurück. Probleme habe es mit den Trainern nie gegeben. „Ich habe immer versucht, sachlich zu bleiben und wollte den Trainern nicht noch durch dumme Fragen den letzten Nerv rauben“, winkt Gerken ab. Auch dort hat er Roger Schmidt in guter Erinnerungen behalten. „Es gab Trainer, die haben sich inhaltlich auch mal verrannt, aber Roger ist mir nie eine Antwort schuldig geblieben. Nach manchen Spielen kam er an und sagte, dass er jetzt erst einmal zehn Minuten runterkommen müsse, aber er war menschlich immer sehr korrekt.“

Die erste Mannschaft hat kaum Musikwünsche

Etwas verwundert ist Gerken darüber, dass „bislang kaum mal ein Spieler aus der ersten Mannschaft kommt und mir eine Musik-CD hinlegt. Ich würde die Sachen gerne spielen, aber von den Jungs kommt nichts.“ Das kann ja noch kommen, denn unser Stadionsprecher wird uns sicher noch eine Zeitlang erhalten bleiben. „Es macht mir Spaß, ich komme mit dem Vorstand sehr gut klar und sie haben ein offenes Ohr. Das ist sehr wichtig für mich. Wenn das so bleibt, verlängere ich gerne jede Saison wieder per Handschlag um ein weiteres Jahr“, sagt Gerken, der nur bei einem Angebot schwach werden würde. „Vor 80.000 Leuten im Signal-Iduna-Park mal die Mannschaftsaufstellung des BVB vorzulesen, den Traum habe ich noch.“ Das Lampenfieber wäre sicher wieder da, aber „zutrauen würde ich es mir.“